16.06.2010

Neuere Arbeiten in Deutschland - V


Vor diesem sehr schönen Ensemble steht eine 4 bis 4,5 m hohe Skulptur, Jakobs Ringen mit dem Engel. Die Federn der geflügelten Gestalt reichen bis unter das Glasdach; sie sind übrigens aus Chromstahl, die Figur aus Bronze, an einer Säule verankert, um die Sicherheit nicht zu gefährden. Jakob kämpft geduckt, gleichsam wie im Traum oder aus einem Traum erwachend.

Ist die Skulptur des Jakob hier in Ungarn die gleiche wie die in Neustadt?
- Das ist wieder genauso ein Fall wie beim Sankt Stephan. Insofern, als ich zwar eine ähnliche Variante auch in Ungarn aufgestellt habe, aber die einzelnen Varianten jeweils gesondert hergestellt wurden. Solange ich lebe, sind das keine Kopien. Denn ich bekomme ja einen rohen Bronzeguss, den ich, selbst wenn er aus der gleichen Form gegossen wäre (was aber nicht der Fall ist, denn diese Formen gehen beim Gießvorgang zu Bruch und müssen neu gemacht werden), noch individuell bearbeiten muss. Und überdies ist die Situation eine andere. Der Neustädter Jakob musste so in ein Gebäude eingefügt werden, dass einer der Flügel des Engels 2 cm unter die Decke passte. Der andere Flügel hingegen musste in einen 8 m hohen gläsernen Raum hineinreichen. Es ist offensichtlich, dass die unterschiedlichen Bedingungen eine völlig identische Lösung schon prinzipiell nicht erlauben. Der für Ungarn gefertigte "Kampf Jakobs" steht im Freien, inmitten von Bäumen, wo die Flügel weit ausgebreitet sein mussten, um den Raum auszufüllen. Bei dem Jakob in Deutschland ist es umgekehrt. Hier bestimmte der Raum, wohin er passt, also ist von vornherein schon die äußere Form nicht identisch, aber auch der Inhalt nicht. Zwei verschiedene Varianten, die triumphierende und die kämpfende. Ihr Thema ist das gleiche, zweifellos.

Der diese Reihe abschließende Gobelin stellt die Erschaffung der Welt, die Genesis dar. Er versucht den Glauben mit der wissenschaftlichen Idee des Big Bang, die heute schon wieder von vielen bezweifelt wird, auszusöhnen. Man sieht den Urknall auf einem 3x5m großen, elliptischen Gobelin. Im Explosionszentrum ist ein goldener Gott, im Vordergrund die bereits mit weißen Wolken umgebene Erde. Das ist das Schlussstück der Reihe.

Es gibt jedoch noch einen weiteren Gobelin, in den das Messgewand eines ungarischen Bischofs eingearbeitet wurde, der 1945 den Märtyrertod gestorben ist. Seine Geschichte ist in der Inschrift zu lesen: "HAEC CASULA ORNATA FUIT ALCIS EPISCOPI GUILELMI DE GENERE APOR". Es gehörte dem Bischof Vilmos Apor etc. ... Dieser Gobelin hängt an der Seitenwand einer Kapelle.

Ich glaube, einem Künstler wird selten die Möglichkeit geboten, für ein einziges Gebäude neun Skulpturen und sieben große Gobelins zu schaffen. Solange ich lebe, werde ich dafür dankbar sein.

1 Kommentar:

  1. Apor, Vilmos (Baron)
    * 29.Febr.1892 Segesvár (heute Rumänien)
    + 02.April 1945 Györ
    Ungarischer römisch-katholischer Bischof. 1915 Priesterweihe, 1941 Weihe zum Bischof von Györ. Wurde bereits als junger Seelsorger in Gyula wegen seiner Wohltätigkeit und Volkstümlichkeit verehrt. Als Bischof von Györ versuchte er, Juden durch die Taufe vor Verfolgung und Deportation zu retten. Als er, nach dem Einmarsch der Roten Armee, im Bischofspalais in seiner Obhut befindliche Frauen vor einer Truppe betrunkener Soldaten schützte, wurde er durch eine Maschinengewehrsalve niedergeschossen und erlag drei Tage später seinen Verletzungen.

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