16.06.2010

Neuere Arbeiten in Deutschland - II

Mit Bad Kissingen verband mich ursprünglich und in erster Linie eine persönliche Freundschaft mit dem Kunsthändler Bernd Müller, auf dessen Einladung ich irgendwann um 1984/85 eine Ausstellung machte. Die Stadt gefiel und gefällt mir auch heute noch sehr gut. Ihre Gebäude sind nicht nur Jahrhunderte alt, sie sind auch noch in ausgezeichnetem Zustand.

Als Kurzentrum verfügt die Stadt über zwei Quellen. Von den Namen dieser beiden Quellen - die eine heißt Rákóczi, die andere Pandur - weiß niemand, woher sie stammen. In der ungarischen Sprache ist Pandur ein Gendarm. Dieser Pandur hatte die Aufgabe, Aufrührer und Übeltäter zu fangen; er lag in ständigem Kampf mit den Spitzbuben. In Kenntnis dessen kann ich nur annehmen, dass die Namensgebung der beiden Quellen von jemandem stammt, der irgendwelche Beziehungen zu Ungarn haben musste. Schließlich führt auch der Eigentümer eines benachbarten Besitztums bis zum heutigen Tag seine unmittelbare Abstammung auf Vorfahren aus dem ungarischen Adel zurück. Man könnte annehmen, dass die beiden Quellen ihren Namen dem Naturphänomen verdanken, dass die eine Quelle langsam versiegt, wenn die andere überreichlich Wasser spendet, und umgekehrt. Dieses Pulsieren des Wasserflusses erinnert an einen Flüchtenden und seinen Verfolger: Immer, wenn der Flüchtende gerade zum Luft schnappen gekommen ist, taucht der Verfolger wieder auf, und umgekehrt. Soviel zur Namensgebung.

Eines Tages rief mich der Bürgermeister von Bad Kissingen an und sagte, er würde mir gern ein Denkmal in Auftrag geben. Ich fragte, ob es ein Rákóczi-Denkmal sein dürfe, und er meinte, ja, aber wer denn dieser Rákóczi sei? Nun, das musste ich herausfinden. Selbstverständlich dachte ich an Franz Rákóczi II., den Fürsten Rákóczi des Freiheitskampfes, der aus der Familie des Erlauer Burghauptmanns Rákóczi stammte und dessen Mutter ebenso wie sein Vater in der ungarischen Geschichte eine Rolle gespielt hatte. Georg Rákóczi, der Vater, hatte an der Frangepán-Verschwörung teilgenommen und wurde deshalb dazu verurteilt, Teile seines Besitzes abzutreten. Seine Frau war Ilona Zrinyi, die lange Zeit in der Burg von Munkács der Belagerung Widerstand leisten konnte. Ihre Ländereien lagen in der Umgebung von Eperjes und Munkács. Als sie sich schließlich ergab, wurden ihr die Kinder weggenommen und am österreichischen Kaiserhof erzogen. Trotz dieser Erziehung stellte sich Franz Rákóczi II. später an die Spitze eines Volksaufstands, eines Freiheitskampfes, der dann von den Habsburgern niedergeschlagen wurde. Rákóczi selbst emigrierte zuerst nach Frankreich, dann in die Türkei. Diesen Rákóczi also brachte ich nach Bad Kissingen, wo er in Wirklichkeit nie gewesen war. Dort sitzt er nun bis heute, auf dem Hauptplatz des Kurortes Kissingen. Ich glaube, er erfreut sich allgemeiner Beliebtheit. Vor kurzem, als ich dort war und das Denkmal zu fotografieren versuchte, kam ein Herr etwa meines Alters zu mir her und sagte, "hübsch, was?". - Ich sagte, "jaja". Er meinte, "naja, sowas gibts in Deutschland nicht mehr, das haben wir auch im Ausland gekauft". Kurz, die Kissinger betrachten Rákóczi nun schon als einen der Ihren.

1 Kommentar:

  1. Rákóczi, Ferenc II.
    * 27.März 1676 Borsi
    + 8.April 1735 Rodosto (Türkei)
    Sohn aus ostungarischem Hochadelsgeschlecht. Kämpfte gegen die Habsburger um Ungarns Unabhängigkeit. Starb im türkischen Exil.

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