15.06.2010

Fürsten und Heilige im frühen Ungarn - II

In diese Ära fällt auch die Stabilisierung des Papsttums.
Damals errichteten zwei Ordensleute, Sankt Cosma und Sankt Damian, im Ostwestteil des Forum Romanum eine Kirche. Sie begannen damit, dem in Schutt und Asche liegenden kaiserlichen Rom ein neues Gesicht zu geben, und sie lehrten ihre Ordensbrüder, wie der Marmor, den sie im Schutt der römischen Ruinen fanden, wiederverwendet werden konnte. Dabei entstand ein eigener Kunststil, der "Cosmaten-Stil". Die aus dem alten Rom stammenden Säulen wurden neu bearbeitet, und das brachte eine besondere Variante mit sich: die doppelt gedrehte Säule. In die gerade, glatte Säule wurde eine Zierlinie eingemeißelt, die sich an der Säule empor wand, ihr folgte noch eine Linie, noch eine und noch eine, und in die ausgemeißelten Rillen wurden Mosaiksteinchen - Goldmosaik, das ebenfalls dort gesammelt worden war - einzementiert. So ist der Cosmaten-Stil eigentlich eine Spielart der Plastik, zum größeren Teil aber eine Flächenverzierung, also ein Dekor aus Goldmosaik-Intarsien, die in eine aus einer Marmorfläche herausgemeißelte Rille geklebt sind. Bezaubernd, zart und wirklich rührend schön ist dieser Stil. Nun, es gelang uns, solche Cosmaten-Stücke im "Mosaico" zu finden - das ist die Sammelstelle der Ausgrabungen -, und mit ihnen gestalteten wir später die Kapelle.

In Rom, neben der Sankt-Peters-Kirche, befindet sich eine komplette Kirchenbau-Werkstatt mit ganz hervorragenden Fachleuten, die uns in allem unterstützten. Mein Freund László Gerõ hatte zunächst einen bestimmten Platz für die Kapelle vorgeschlagen, dann - nach langem Feilschen - wechselte Bischof Zannini auf einen anderen Platz über, von dem wir hofften, dass er auf der Route der Touristenführungen liegen würde, aber auch das wurde später geändert und die Route wurde anderswo geöffnet. Zuerst war derSaal mit den Sarkophagen der Urchristen vorgeschlagen worden; dann ein leerstehender Saal, in dessen Wänden - Wänden aus der Zeit Konstantins des Großen - jedoch Sarkophage eingemauert waren. Er bestand aus zwei Räumen, und wir beschlossen, daraus einen Raum zu machen, indem wir aus der die beiden Räume teilenden Wand einen Triumphbogen herausschnitten und sie somit wie einen einzigen, länglichen Raum gestalten konnten.

Erzbischof Kardinal László Lékai war der Schirmherr dieses Projekts, Geld jedoch hatte auch er keines. Eine Kunsthistorikerin kam zu mir mit der Frage, die der Papst mir durch einen ungarischen Bischof übermitteln ließ, ob ich die künstlerische Gestaltung der Kapelle übernehmen würde. Meine Antwort war: "Sehr gern." Ich reiste also nach Rom, um die Örtlichkeit in Augenschein zu nehmen, auszumessen und die Pläne auszuarbeiten.

Da der Raum sehr klein war, hatte ich mir vorgestellt, die eine Wand völlig mit einem vergoldeten Relief zu verkleiden, das nicht durch den Gewölbebogen begrenzt wird. Dieses Relief sollte so wirken, als würde der Bogen nur einen Ausschnitt der dahinter vermuteten goldenen Wand freigeben. Gold sollte es unbedingt sein; ich wollte durch das Gold die Schätze unserer Vergangenheit symbolisieren, die wir hier darbringen. Und da unsere Wurzeln ebenso wie die aller anderen Völker, die im Lauf der Völkerwanderung nach Europa gelangt sind, zweifellos irgendwo in die Steppen Asiens zurückreichen, wollte ich durch die Darstellung der goldenen Hirsche an diese Herkunft erinnern.

Diese goldenen Hirsche waren Symbole der skythischen Stammesfürsten. In Ungarn (Zöldhalompuszta und Ásotthalom) wurden solche Figuren an den Grabstätten der Stammesfürsten gefunden, auch in der Ermitage ist ein solcher Fund aus Kiew zu sehen. Man kann mit großer Wahrscheinlichkeit annehmen, dass sie die Schilde der Stammesfürsten als Wahrzeichen zierten. Hierauf weist auch die Legende hin, wonach unsere Vorfahren dem Wunderhirsch folgten und so in das Karpathen-Becken kamen. Darauf spielt der auf beiden Seiten hinter dem Mauerbogen zum Vorschein kommende Goldgrund mit den Wunderhirschen an. In der Mitte habe ich in einem langen Streifen in Form eines Läufers eine Verzierung aus Elementen des Taschen-Dekors (d.h. des Dekors der Umhängetaschen, die man in den Gräbern aus der Zeit der Landnahme gefunden hat - A.d.Ü.) angebracht, vor der die Jungfrau Maria mit dem Jesuskind schwebt. Die gesamte Darstellung findet in der Person des Heiligen Stephan ihren spirituellen Höhepunkt.

1 Kommentar:

  1. Stephan I., der Heilige
    * um 975
    + 15.Aug.1038 Esztergom
    Sohn und Erbe des ungarischen Großfürsten Géza, durch Adalbert von Prag getauft. Durch seine Ehe mit der bayerischen Herzogin Gisela Schwager des späteren Kaisers Heinrich II. Ließ sich 1001 mit einer vom Papst übersandten Königskrone krönen. Er richtete eine geregelte Staatsverwaltung ein und christianisierte sein Land.

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