16.06.2010
À la recherche - IV
So entstand eine Reihe von Skulpturen, von denen eigentlich keine besonders hervorzuheben ist. Die auf der Suche nach der verlorenen Zeit daliegenden alten Frauen unterscheiden sich nämlich nicht von jenem ein wenig süßlich-herben, auf einem Stuhl sitzenden Mädchen mit seinem Tüllröckchen und dem Pleureusen-Hut, und sie unterscheiden sich nicht von den Mädchen mit den Regenschirmen und nicht von der Großmama. Sie unterscheiden sich also nicht von jener im Alltag zu beobachtenden vergänglichen, ephemeren, als schön erachteten, aber schmerzlich entschwindenden, also eigentlich falsch-süßlichen Welt, in der wir leben. Denn unser schwerstes seelisches Problem ist immer die Liebe, die wir für jemanden vom anderen Geschlecht empfinden, aber genauso für eine Blume, für einen Augenblick, in dem die Sonne scheint und die Blätter aufglänzen lässt.
Diese Liebe wird dadurch zerstört, dass der Partner auch einige andere Eigenschaften hat außer denen, die mich für ihn eingenommen hatten, dass sich gelegentlich der Himmel bewölkt oder meine Pflanzen andere Bedürfnisse haben; mit einem Wort: der Wandel der Welt, der mir erst in einem schmerzlichen Augenblick bewusst wird, und dieser Augenblick ist deshalb schmerzlich, weil ich weiß, dass er vergeht.
Nun, die Reihe "à la recherche du temps perdu" baut eigentlich auf dieser Gedankenreihe auf. Ich suche den Tautropfen. Den Tautropfen, von dem ich weiß, dass er gelegentlich nicht einmal ein Tautropfen ist, sondern aus dem Schlamm aufgespritzt ist, und dass manchmal der ganze See übel riecht und voller Mücken ist.
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